Es war, als hätte sich eine alte, festgefahrene Dynamik in unserer Beziehung aufgelöst.
Die seit vielen Jahren praktizierende systemische Familiendialog- und Paarberaterin sowie Profilax®-Lehr-Trainerin Petra Köpcke berichtet davon, wie der systemische Familiendialog Workshop zusammen mit ihrer Mutter ihr Leben nachhaltig veränderte und bereicherte.

Vor etwa drei Jahren begann eine Reise, die mich und meine Mutter auf eine tiefe, liebevolle Weise nähergebracht hat. Es war ein Weg, der mit einer einfachen Frage begann: „Mama, würdest du mit mir zu einem Systemische Familiendialog-Workshop gehen?“ Zunächst war sie skeptisch, die Idee gefiel ihr nicht auf Anhieb. Doch dann wünschte ich mir ihre Teilnahme als Geburtstagsgeschenk, und in einer wunderschönen Geste der Großzügigkeit schenkte sie mir nicht nur ihre Teilnahme, sondern gleich den ganzen Workshop.
An diesem Wochenende, umgeben von anderen Generationenpaaren – Mütter mit Töchtern, Väter mit Söhnen – öffnete sich ein Raum, in dem wir uns auf eine ganz neue Weise begegnen konnten. Drei geführte Dialoge bildeten das Herzstück unseres Workshops, und in diesen Dialogen konnten wir tief in unsere Beziehung eintauchen.
Im ersten Dialog durfte ich mich als Kind zeigen, mit all dem Schmerz, den ich in mir trug. Zum ersten Mal fühlte ich mich von meiner Mutter in dieser Tiefe gesehen und verstanden. Es war, als ob sie mein Herz berührte, und diese Berührung heilte etwas in mir. Unsere Verbindung wurde spürbar intensiver, wärmer und voller Mitgefühl.
Im zweiten Dialog erzählte meine Mutter von ihrer eigenen Kindheit. Ihre Erlebnisse mit ihren Eltern öffneten mir noch einmal das Herz. Ich verstand plötzlich viel mehr, wie ihre eigenen Erfahrungen ihre Entscheidungen und Handlungen beeinflusst hatten. Diese neue Perspektive auf sie brachte uns noch näher. Es war, als ob unser gemeinsames Band stärker und tiefer wurde.
Der dritte Dialog war vielleicht der kraftvollste von allen. In einem symbolischen Akt gab ich meiner Mutter einen Stein zurück – den Stein, den ich so lange für sie getragen hatte, ohne es zu merken. Es war meine Art, ihr zu sagen: „Das ist deins, nicht meins.“ Meine Mutter nahm den Stein an und lächelte, als ob sie dadurch ein Stück von sich selbst wiedergefunden hätte. Keine Mutter möchte, dass ihr Kind ihre Lasten trägt, und dieser Moment brachte uns beide in eine neue Freiheit.
Am Ende des Workshops war meine Mutter erschöpft. Mit über 80 Jahren waren die intensiven drei Tage eine große Herausforderung für sie. Sie war froh, als alles vorbei war, und obwohl ich das gut nachvollziehen konnte, fühlte ich einen kleinen Stich. Doch ich verstand auch, dass es nicht mangelnde Liebe war, sondern einfach Erschöpfung.
Am nächsten Tag zeigte sich dann ein altes Muster: Meine Mutter wirkte abwesend, als ob keine Zeit für mich wäre. Früher hätte das in mir tiefe Sehnsucht ausgelöst, ein Gefühl, nicht gehört zu werden. Doch dieses Mal war es anders. Dank der Arbeit, die wir im Workshop gemacht hatten, konnte ich ihr meine Gefühle mitteilen. Und das Erstaunliche geschah: Sie hörte mir wirklich zu. Wir wiederholten den Dialog in unserer vertrauten Umgebung, und es war der Durchbruch. Zum ersten Mal fühlte ich, dass sie ganz für mich da war. Es war, als hätte sich eine alte, festgefahrene Dynamik in unserer Beziehung aufgelöst.
Seitdem hat sich alles verändert. Unsere Beziehung ist leicht und entspannt geworden. Es gibt keinen Streit, keinen Stress, keinen Druck mehr. Ich fühle mich frei, und mein Herz ist offen. Wir sind in tiefer Liebe miteinander verbunden. Wenn es meiner Mutter körperlich nicht gut geht, helfe ich ihr gerne – ohne Groll, ohne dass sich mein Herz verschließt. Wir sind uns auf eine neue, friedvolle Art nahegekommen, und dafür bin ich unendlich dankbar.
Petra Köpcke
ist Profilax-Lehr-Trainerin, Systemische Beraterin, Familiendialogbegleiterin, traumasensible und EFT-Paarberaterin in eigener Praxis. Sie gibt bei Impuls den Basiskurs Aufstellungsarbeit, das Seminar Früheste Traumata sowie die Ausbildung zum/zur Profilax®-Trainer*in.
